Der Klassiker schlechthin stand ins Haus: ein Bundeswochenlehrgang auf dem Herzogenhorn. Zwei Dinge, die auf jeden Fall von jedem Aikidoka irgendwann einmal besucht werden sollten: ein Wochenlehrgang und natürlich das berühmt-berüchtigte Herzogenhorn – liebevoll von allen nur „Horn“ genannt – inmitten des Schwarzwaldes, in der Nähe des Titisees und des Feldbergs. Alleine diese beiden Argumente sollten ausreichen, die Matte des Horns mit willigen Freiwilligen zu füllen.
Als nun auch der Name des Meisters bekannt wurde, kam es schnell zu einer Überfüllung, die leider dazu führte, dass einige Teilnehmer in dem weiter unten auf dem Herzogenhorn gelegenen Gasthaus Wasmer untergebracht werden mussten.
Hubert Luhmann, 6. Dan und uns Walldorfern noch bestens bekannt durch den Landeslehrgang im Jahre 2007 in der Walldorfer Stadthalle, sollte uns durch die Woche führen und den Weg des Aikidos ein wenig mehr ausleuchten. Nach den anfänglichen organisatorischen Dingen ging es dann auch schnell in die Halle, um die Matten aufzubauen.
Teilen mussten wir uns die Matte mit Aktiven einer Tennisgruppe, Basketballern und Gewichthebern, was mit der anfänglichen Aussage versehen war, dass wir die Matte vor und nach jedem Training auf- und wieder abbauen sollten.
Zum Glück konnten wir uns mit den Aktiven so einigen, dass dies nur ein paar Male geschehen musste und wir am Ende dann die Matte liegen lassen konnten. Puuh.
Hubert begrüßte uns auf der Matte und gab einen kleinen Ausblick auf die nächsten Tage. Drei Einheiten pro Tag: Nach dem Frühstück, dem Mittag- und dem Abendessen durften wir uns seinem Aikido nähern. Am Ende würden wir dann folgende Dinge „können“: alle Techniken bis zum 1. Dan, die 1. Kata, die kleine Bokken-Kata und Randori.
Okay! Is’ klar! Dann mal los! :-)
So schufteten wir die nächsten Tage, um des Meisters würdig zu sein. 40 Leute auf der Matte bedeuten natürlich auch 40 Ukes. So konnten wir an den unterschiedlichsten Typen, Weiblein oder Männlein, 5. Kyu oder 2. Dan, 50 Kilo oder 95+ Kilo mit Dialekten aus allen Teilen Deutschlands üben, üben und nochmals üben. Hubert ließ uns die Techniken immer in langen Zeiträumen erfahren, schritt durch die Reihen und korrigierte, wo etwas zu korrigieren war. Durch das Wechseln der Ukes wurden auch schnell Kommunikationsbarrieren abgebaut, was dazu führte, dass nach getaner Arbeit die Sauna stark frequentiert war und Ute (für die, die sie nicht kennen: die Gute Seele des Quartiers) „eigentlich nach“ Feierabend uns noch mit dem einen oder anderen Getränk für die müden Knochen versorgte.
Selbstverständlich gab es auch den unvermeidlichen Gang zum Gipfelkreuz des Herzogenhorns – als Beweis der Eintrag in das „We-did-it-Buch“ („Lieber Gott, wir haben Körperkater!“) – und den Klassiker schlechthin: die Krunkelbachhütte.
Der Weg, alleine schon eine Herausforderung, wird übertroffen
a.) von der Freundlichkeit der Bedienungen und
b.) der Qual der Wahl nach der Frage des Getränkes.
Manch ein Tisch löste dieses Problem pragmatisch und bestellte gleich drei Flaschen unterschiedlicher Sorten.
Einen detaillierten Bericht über den Rückweg werden wir uns hier sparen; nur soviel: Es kamen alle unbeschadet wieder im Leistungszentrum an – früher oder später.
Trainingsalltag: Hubert bewies viel Geduld mit den Teilnehmern. Er erklärte seine Sicht des Aikidos, welches er aus der Praxis bei der Polizei stets verfeinert hatte – so erläuterte er beispielsweise, wann und warum er eine Technik ein wenig anders als andere Meister ausführte. Für die meisten bleibt Aikido eine theoretische Selbstverteidigung – welcher Aikidoka lässt es schon gerne zu einer handfesten Auseinandersetzung kommen? Und so führte uns Hubert ein durch Praxis geprägtes Aikido vor. Nur ein Beispiel sei genannt: Bei einem Messerangriff will der Gegner den anderen töten oder zumindest verletzen. Das führt dazu, dass man Messertechniken ohne große Ausweichmanöver-„Schnörkel“ durchführen und stattdessen einfach und direkt arbeiten sollte.
So lernten wir Schritt für Schritt Aikido als „Baukastenprinzip“ kennen. Denn alle Techniken lassen sich aus nur zwei Situationen aufbauen: mit Angriff Katate-tori auf entweder Ude-osae oder Shiho-nage. An alle Techniken wurden wir „sanft“ herangeführt. Die Lehreinheit zu Aiki-otoshi und Koshi-nage begannen mit der jeweiligen Fallschule, um Verletzungen zu vermeiden. „Unbeliebte Techniken“ oder Techniken aus „ungeliebten Angriffen“ wurden so fast zum Kinderspiel.
Auch eine vielen Teilnehmern noch unbekannte Technik (weil noch nicht in der Prüfungsordnung bis 1. Dan) war ins Training aufgenommen: Ude-kime-osae. So konnten wir stets unseren Horizont erweitern.
Im letzten Training beispielsweise war das Programm „Wünsch dir was!“ Viele der Teilnehmer wünschten sich einen Hebel, der je nach Meister sehr unterschiedlich ausgeführt wird: Kote-mawashi tenkan. Hier lernten wir nochmals näher Huberts Art kennen – und damit eine, die sich aufgrund von Eselsbrücken auch gut merken lässt: „Das Handgelenk verdichten. Mit weichem D – D wie Dauerschmerz!“ Und auch die weitere Verhebelung erklärt sich völlig logisch: „Dafür hat der liebe Gott extra die Kote-mawashi-Schwimmhäute gemacht.“ (Eigentlich wollten alle 30 Teilnehmer, die sich diese Technik wünschten, Peter zum Uke haben.)
Wer nun noch nicht gemerkt hat, dass wir zwar mit dem nötigen Ernst, aber nicht ohne Spaß trainiert haben: Hier noch ein paar Sprüche: „Nix los hier! Nur Gegend! Und davon viel!“ – Zwischendrin und vor allem am letzten Tag gab es Abwechslung: weiße Gegend!
Nachdem wir festgestellt hatten, dass wir noch nicht so gut sind wie Hubert, meinte der nur trocken: „Ich komm dann in 35 Jahren nochmals vorbei und überprüfe das.“
Den Hessen ein bekannter Spruch: „Äppelwoi Hals enoi“ dürfte dem ein oder anderen Teilnehmer noch im Sinn sein (Es Stöffche muss halt immer dabei sein).
Zum guten Schluss mit dem gebührlichen Respekt: Gratulation an Marlene, Birgit, Henning, Ralf, Thomas, Kurt und Silvio zu den bestandenen Prüfungen. Klasse gemacht!
Fazit: großes Dankeschön an Hubert und Ute. Aber auch an alle Teilnehmer für die gute Laune und den Spaß, welche so eine Woche auch unvergessen machen ...
Hubert und Horn, Ihr werdet uns auf jeden Fall wiedersehen.
Der Weisheit letzter Schluss: Nehmt Wintersachen mit! Wir hatten bei der Abreise 15 cm Schnee ...
Anke Schröder,
TGS Walldorf 1896 e. V.