Der TC Gelsenkirchen konnte nach zwei Jahren Pause wieder Thomas Machoczek als Lehrer für einen Iaido- und Jodo-Lehrgang begrüßen. Bereits vor zwei Jahren hatte Thomas, der in beiden Budo-Disziplinen den 3. Dan besitzt, bei seinem ersten Lehrgang einen so positiven Eindruck hinterlassen, dass es folglich nur eine Frage der Zeit war, bis er wieder als Lehrer eingeladen werden würde. Zusammen mit zwei Partnern hatte Thomas am 2. September die Möglichkeit, den Teilnehmern (Aikidoka und Karateka) Grundlagen mit dem Stab und dem Schwert zu vermitteln.
Die erste zweistündige Trainingseinheit war dem Jo gewidmet. Jodo, der Weg des Stockes, ist eine japanische Kampfkunst, bei der sich der Verteidiger mit dem Jo (langer Stab) gegen einen Schwertangriff verteidigt. Jodo wird hauptsächlich mit einem Partner geübt, wobei es eine klare Rollenverteilung gibt. Der eine Partner nimmt mit einem Holzschwert (Bokken) die Stelle des Schwertkämpfers ein, der andere Partner die des Stockkämpfers. Die traditionelle Trainingsform ist die Kata, die Thomas mit seinen Partnern als Einführung für den ersten Trainingspart nutzte. Gemeinsam demonstrierten sie innerhalb der Kata, die eine genau festgelegte Abfolge von Technikkombinationen enthält, die Abwehr gegen verschiedene Angriffe mit dem Bokken.
Augenfällig war hier die absolute Harmonie der Bewegungen sowie der Wechsel zwischen schnellen Techniken und den Phasen der Besinnung. Aufbauend wurde der grundlegende Gebrauch des Jo demonstriert. Hierbei war es selbst für Aikidoka, für die der Jo keine Unbekannte ist, nicht einfach, das Gezeigte umzusetzen. Viele Details, wie z. B. die Haltung des Handgelenks, der gleitende Wechsel des Jo sowie das korrekte Schlagen, waren eine Herausforderung für alle Anwesenden.
Doch auch wenn es in Teilbereichen der Anwendung zu Problemen kam, so wurden trotz allem Affinitäten zu den Prinzipen des Aikido deutlich. Besonders die Distanz (Ma-ai), die Erwartung/Ruhe (Mu) des Schlages sowie das Timing (Nen) während der Angriffsphase war den Teilnehmern als bekannte Größe eine Hilfestellung, das Gezeigte umzusetzen. Wie auch im Aikido ist im Jodo das Ziel die Perfektionierung von Körper, Geist und Technik unter gleichzeitiger Wahrung von Respekt und Achtung vor dem Gegenüber.
Nach einer kleinen Pause wurden die Holzwaffen beiseite gelegt, um den „echten“ Waffen Platz zu machen. Es war Zeit für Iaido. Iaido ist die Kunst des Schwertziehens und -schneidens. Geübt wird Iaido mittels verschiedener Katas. Hierbei studiert der Iaidoka die Choreographie der Schwertführung. Er übt alleine, der Gegenpart steht dem Übenden nur in seiner geistigen Vorstellung gegenüber. Im Laufe des jahrelangen Trainings wird die Eigendynamik des Schwertes sowie dessen Wirkung und Stärke erarbeitet und automatisiert.
Erst durch dieses Training erlangt der Iaidoka die notwendige Entschlossenheit und Sicherheit sowie die Kenntnis und das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, um im Falle eines Konfliktes angemessen zu reagieren bzw. zu verzichten.
Wiederum demonstrierte Thomas die Besonderheiten, die es mit dem Einsatz der Waffe auf sich hat. Davor wurden auch die Hintergrundinformationen – wie z. B. lege ich die Waffe ab, auf welche Seite usw. – behandelt. Viele kleine Details, die bisher wenig Beachtung gefunden hatten.
Bei der Handhabung wurde durch Thomas eindrucksvoll bewiesen, wie allein mittels kleinem Finger und Daumen das Iaito (stumpfes Schwert, Sportwaffe) schnell, fließend und dynamisch angewandt werden kann. Ziehen und schneiden waren eine übergangsfreie Bewegung, die zwar von allen Teilnehmern zu imitieren versucht wurde, jedoch bis auf wenige Ausnahmen nur ansatzweise nachvollzogen werden konnte. Hier machte es sich, wie auch beim Jodo-Part, positiv bemerkbar, das Thomas in seiner ruhigen Art und Weise den Konzentrationsübungen begleitend zur Seite stand.
Nach insgesamt vier Stunden war der Lehrgang vorüber. Auch wenn, wie durch Thomas erklärt, der Körper locker und kein Muskel verspannt sein sollte, so war das Ergebnis bei den Teilnehmern doch meist gegensätzlich. Verkrampfte Oberschenkel und Arme waren die Folge des intensiven Trainings. Hier machte sich dann doch schnell bemerkbar, dass zwischen dem Ziel und der Umsetzung noch viele Trainingseinheiten stehen. Dennoch war das Feedback durchweg positiv, was uns veranlassen wird, auch in der Zukunft wieder einen Lehrgang auszurichten, um über den so genannten und allseits bekannten Tellerrand hinauszuschauen.
Heike Mercsak, TC Gelsenkirchen e. V.