Schwertlehrgang mit Meister Paul Froehly
Am ersten Maiwochenende 2025 hatten wir im Genbu-Kai Besuch aus Frankreich, genauer gesagt aus dem Elsass. Unser Freund Meister Paul Froehly, 6. Dan Aikido, 5. Dan Katana von der FAT (Féderation d’Aïkido Traditionnel), kam zu einem Schwertlehrgang angereist. Auf dem Programm standen Katas, die Pauls verstorbener Meister, Maître Daniel Brun, der Begründer der FAT, entwickelt hatte.
Fallschule ist in diesen Katas nicht vorgesehen, sodass wir uns das Aufbauen der Matten sparen und gleich zur Tat schreiten konnten.
Paul erklärte die richtige Handhaltung des Holzschwertes. Ein Bokken wird, ebenso wie ein Katana, mit den hinteren drei Fingern, von der Seite kommend, gegriffen; der linke Arm macht die Hauptarbeit beim Schlag, der rechte Arm korrigiert lediglich die Richtung. Den Abschluss des Schlags bildet ein Verwringen des Schwertes, das so fixiert wird. Die Schultern sind dabei entspannt und tief zu halten. Das an sich alles zu kombinieren und richtig zu machen und dann auch noch die Füße entsprechend sinnvoll damit zu koordinieren, will geübt sein.

Aber alle machten sich motiviert an die Arbeit. Mit „alle“ meine ich Budoka aus vier verschiedenen Kampfkünsten. Den Lehrgang hatten wir nämlich spartenübergreifend ausgeschrieben. So war es mir eine besondere Freude, die Kollegen zu begrüßen, mit denen ich sonst beim Karate und Kobudo (oder früher beim Kendo) trainiere. Das Interesse am Schwert hat so gut 20 Budoka aus ganz Norddeutschland nach Lübeck zusammengeführt, um am Samstag die „Kata der 10 Schläge“ zu erlernen. In dieser Kata ist Ukes Aufgabe, einfach nur Shomen-uchi zu schlagen, und Nage weicht in verschiedene Richtungen aus, wehrt ab mit einer Bedrohungshaltung zum Kehlkopf und kontert auf den verschiedenen Angriffshöhen (Jodan, Chudan und Gedan) mit geraden oder schrägen Schlägen oder auch mit Stichen. Teilweise denkt man sich weitere Gegner in der Kata dazu, die man zwischendrin auch miterledigt, ehe man Uke weiter zerlegt.
Paul erzählte sehr anschaulich, wie die Samurai sich schnell nach einem erfolgten Schnitt vom Körper des Gegners entfernen mussten, da das Blut in hohem Bogen aus der aufgeschnittenen Halsschlagader spritzte und sie sich nicht besudeln durften. Unsere Jugendlichen waren von diesen Erzählungen sichtlich beeindruckt ...
A propos „schneiden“: Das Bokken hat nicht die Funktion, zu schneiden wie das Katana, welches scharf sein kann. Das Bokken zielt grundsätzlich, aber auch in dieser Kata, auf die harten Bereiche des Körpers und bricht Knochen bzw. sticht auf Höhe des Schlüsselbeins in den Hals. Wir im DAB unterscheiden hier nicht zwischen Bokken und Katana, welches ja die Weichteile des Körpers angreift und aufschneidet. Sinnvoll scheint mir diese Unterscheidung aber schon zu sein. Der berühmte japanische Samurai Musashi war für seinen Umgang mit dem Holzschwert bekannt, mit dem er seinen Gegnern schreckliche Trümmerbrüche zufügte, die ein eventuelles Weiterleben extrem beeinträchtigten ... Also: Respekt vor der Waffe ist angesagt.

Nach zwei Stunden intensivem Input waren wir reif für ein leckeres italienisches Abendessen im benachbarten Restaurant unserer Wahl. Man kennt uns dort schon als Budoka und bedient uns besonders zuvorkommend.
Am Sonntag konnte sich Paul davon überzeugen, dass wir alle am Samstag viel gelernt hatten, denn wir griffen die Kata nochmals auf und jeder durfte nach einer kurzen Wiederholungsphase seine Ausführung vorzeigen.
Zum Abschluss übten wir dann noch drei „komplementäre Katas“, kurze Partnerübungen, die Maître Brun zur Schulung der verschiedenen Schläge, des Hüfteinsatzes und des richtigen Abstandes entwickelt hatte.
Gut gefüllt mit spannendem Input und vielen französischen Wörtern im Kopf, gingen wir nach Hause. Nun ist es an uns, das Gelernte zu vertiefen und sich auf Pauls nächsten Besuch zu freuen.
À bientôt, Paul.
Frauke Drewitz,
Genbu-Kai Lübeck e.V.